Über den Cassier Highway und dem so genannten Glacier Highway erreichen wir Stewart in British Columbia und überqueren kurz hinter Stewart die Grenze von Kanada nach Alaska. 1996 wurde eine Zollstation in dieser Wildnis eröffnet um dem regen Schmuggel ein Ende zu bereiten. Eine kleine Straße führt in das nur wenige Kilometer entfernte Hyder.
Wir fahren durch den kleinen Ort mit den alten Holzhäusern. Es sieht aus, als ob hier die Zeit still steht. Nur das moderne Touristeninformationszentrum passt nicht so ganz in das verträumte Stadtbild und lässt vermuten, dass im Sommer die Touristen die Herrschaft in diesem abgelegenem Ort übernehmen.
Hyder ist Alaskas südlichste Stadt, von den Einwohnern liebevoll die ? freundlichste Geisterstadt? genannt. In den 30er Jahren lebten in diesem Tal mehr als 10 000 Menschen, die das umliegende Land nach Gold absuchten. Seit dem Schwinden der Goldvorkommen und dem Ende der Holzwirtschaft wurde es wieder ruhig.
Brücke im Nebel in Hyder (nicht Fish Creek), Alaska, USA
Heute leben hier noch 100 Menschen, gemeinsam mit vielen Schwarz- und Grizzlybären. Ende Juni bis ca. Mitte September kann man die Bären am Fish Creek hautnah beim Lachs fischen erleben.
Vorbei an Souvenirläden. Noch ein paar Häuser, dann führt uns eine Schotterstraße acht Kilometer in die Wildnis. Eine dicke graue Staubschicht liegt auf den Pflanzen am Straßenrand. Ein Flusslauf neben der Straße, grüne Wiesen und Tannen, wir sind im Tongass National Forrest. Eine idyllische Landschaft, wo man nicht nur Bären, sondern auch Weißkopfseeadler beobachten kann.
Wir überqueren eine kleine Brücke, die über den Fish Creek führt, und sind schon mitten im Geschehen. Straße in der Wildnis? Das haben wir uns so gedacht. Auf dem Parkplatz ist kaum noch Platz für unser Wohnmobil! Eine dichte Menschentraube steht am Flussufer, das sich unterhalb einer Böschung befindet. Langsam bewegt sich das Knäuel auf uns zu, während Ranger das Ganze mit Argusaugen beobachten. Jetzt aber schnell, der Bär ist im Anmarsch. Zwischen all den Menschen gelingt es uns, einen Blick auf den Grizzlybär zu erhaschen, der langsam und schwerfällig durch das flache Wasser watet. Aufmerksam beobachtet er dabei die großen Lachse, die gegen die Strömung anschwimmen.
Der unangenehme Geruch von totem Lachs liegt in der Luft. Wenn sie die Flüsse bereits so weit nach oben gewandert sind wie hier, bieten sie keinen schönen Anblick mehr und treiben mehr tot als lebendig im Wasser. Nachdem sie ihre Laichgründe erreicht haben, sterben sie. Das Flussbett zeugt von Überfluss und überall am Ufer liegen die Überreste von Bärengelagen.
Der Bär folgt der Flussbiegung und kommt auf uns zu. Nur 50 Meter von uns entfernt bleibt er stehen. Konzentriert blickt er in das klare Wasser. Es ist keine große Kunst die trägen Lachse, die von Juli bis September die Flüsse aufwärts zu ihren Laichgründen schwimmen, zu erwischen. Die Lachssaison neigt sich dem Ende zu und der Bär ist wohlgenährt. Uns scheint er eher verspielt als hungrig. Plötzlich überlegt er es sich doch anders und zieht mit einem gezielten Prankenschlag einen Lachs an Land. Es ist ein besonders großer Chum Salmon, der sicher an die 40 Pfund wiegt. Genüsslich verspeist er die leckersten Teile und verschmäht den Rest. Deutlich hören wir das Krachen der Fischgräten, als er zubeißt.
Erst am späten Nachmittag fahren wir zum nahe gelegenen Salmon Glacier. Eine Schotterstraße führt hinauf in die Berge. Fireweed blüht in kräftigen pinkfarbenen Schattierungen und wir hören das Pfeifen eines Murmeltieres in der Stille. Unter uns ziehen sich die Eismassen des gewaltigen Gletschers entlang.
Am nächsten Tag verlassen wir Hyder. Wir kommen an gletscherbedeckten Bergen vorbei. Wasserfälle stürzen hinab in bewaldetes Dickicht, nur selten blitzen schroffe Felswände hindurch. Im Tal vereint sich das Sturzwasser in großen reißenden Flüssen, über denen der Nebel hängt. Immer noch sind wir mit unseren Gedanken bei den Bären. Hier haben wir einen Einblick in die Tierwelt erhalten, der uns noch lange in Erinnerung bleiben wird. Hyder ist einfach eine bärenstarke Stadt!
Autoren Tipp: "Meiden Sie die absolute Hauptsaison und besuchen Sie den Fish Creek früh am Morgen, oder etwas später am Abend. Zu diesen Zeiten ist es in der Regel nicht zu voll und man kann in Ruhe die Bären beobachten!